Palina Tech wirft einen Blick auf luftige Innovationen. Wie werden wir in Zukunft fliegen? Forscher tüfteln an neuartigen Flugzeugen.
Fliegen im 21. Jahrhundert
Früher suchten Menschen nach Passagen, um die steilen Berge zu überwinden. Es war unvostellbar, über die Gipfel zu fliegen.
Nachdem die Gebrüder Montgolfier 1783 ihren gleichnamigen Heißluftballon bestiegen, begann der Traum vom Fliegen wahr zu werden. Mittlerweile befördern Flugzeuge Millionen von Passagieren in ihren Urlaubsort oder auf Geschäftsreisen. 2017 registrierte der Frankfurter Flughafen mit einem Passagieraufkommen von 64 Millionen einen neuen Rekord. Damit rangiert Frankfurt in der Liste der wichtigsten Flughäfen der Welt auf Position vierzehn [1].
Erwartungen an die Flugzeuge von morgen
Prognosen zufolge soll sich die Anzahl der Fluggäste von heute 4 Milliarden bis zum Jahre 2040 verdoppeln. Internationale Destinationen sollen bis dahin zahlenmäßig mit Inlandsflügen gleichauf liegen. Vor dem Hintergrund dieser rasanten Entwicklung setzen sich Flugzeugbauer mit der Weiterentwicklung der Passagierflugzeuge auseinander. Der Fokus an die neuen Flugzeuge liegt in der Reduktion. Neue Technologien und Konzepte sollen dazu beitragen, dass sich Luftverschmutzung, Kerosinverbrauch und Lärmgeräusche deutlich drosseln.
Für den Fluggast könnten sich zum Teil Erlebniswelten öffnen. Die Visionen reichen dabei von high-class Reiseimpressionen, als säße man in einem Riesen-Cockpit mit dem Blick hinauf in den offenen Sternenhimmel, bis hin zu annähernd fensterlosen Kabinen in einem fliegenden Mantarochen, umgeben von reichlich Unterhaltung und verbessertem Sitzkomfort.

Im Flugzeug der dritten Generation
Im N+3 Projekt der NASA wetteifern Flugzeughersteller mit ihren Ideen.
Einzuhaltene Kriterien sind ein gesunkener Kerosinverbrauch um 70 Prozent, 75 Prozent weniger Schadstoffemissionen und weniger Lärm.
Die Vorschläge zur Umsetzung dieser Vorgaben reichen von Flüsiggas, einer, den Vögeln abgeschauten, biometrischen Bauweise bis hin zu Fernsteuerung und innovativen Antriebs- und Belüftungssystemen.
Verkehrsflugzeuge werfen sich in Schale
2035 soll die neue Generation abheben:
- Geschwungene Tragflächen wirken optisch wie der Flügelschlag eines Vogels. Die aerodynamische Form erzeugt einen stärkeren Auftrieb, was weniger Sprit verbraucht.
- Der Vogel erhält einen leichteren Käfig aus High-tech Material. Auch das spart Sprit.
- Leistungsstarke Batterien werden das Potential haben, die zivile Luftfahrt mit Hybridmotoren zu revolutionieren. Würde es sich bei der Aufladung um erneuerbare Energie handeln, könnte der Luftraum grün werden.
- Während der Rumpf nicht zwingend im Wurstkorsett sitzt und mal lanzettenförmig schmal und andere Male trigonomisch breit ausfällt, werden die Triebwerke umgelagert.
- Ein Flugzeugstart ist laut. Mit 140 Dezibel erreicht er die obere Schmerzschwelle. (Zum Vergleich: 75 dB Staubsauger, 85 dB Rasenmäher, 95 dB Kreissäge.) Ausgeklügelte Antriebssysteme sind ein Kernelement zur Umsetzung der strikten Zielvorgaben.
- Die Flugflächen werden ins Visier genommen, wie die Reiseflughöhe im Fachjargon genannt wird. Gewitterwolken türmen sich kilometerlang nach oben. Wenn die Wolkenschicht ab elf Kilometer Höhe überflogen ist, fällt der Reibungswiderstand in der Luft ebenso wie die Gefahr, in Schnee und Hagel hineinzugeraten. Mögliche Turbulenzen und die Spritkosten sinken, während der Sicherheitsaspekt steigt.
- Es lebe die Schallgeschwindigkeit! Nach dem tragischen Ende der Concorde soll es wieder Reisen im Raketenantrieb geben und zwar in einer noch größeren Geschwindigkeit, als es die legendäre Concorde vermochte.

Die Renaissance der Schallgeschwindigkeit
Die neue Leichtigkeit hemmt nicht die Geschwindigkeit. Raketenantriebe sollen die ehemalige Höchstgeschwindigkeit der Concorde von 2.179 km/h deutlich übertreffen. So fliegt der Fluggast in kürzester Zeit einmal um den halben Globus ohne umzusteigen. Zum Beispiel nach China und Indien, denn Flughäfen im asiatischen Raum werden die neuen Hubs sein [2].
Bei der Schallgeschwindigkeit wird die Schallmauer hörbar durchbrochen. Wer einmal Militärjets fliegen gehört hat, kennt dieses knackende Geräusch am Himmel. Auch an sensiblen geostrategischen Zonen, etwa auf Gibraltar, wo regelmäßige Luftpatrouillen anstehen, ist diese Akustik im Minutentakt zu hören.
Entertainment an Board
Ob kabelloses Entertainment, Golfanlage, Messung der Befindlichkeitsfrequenz und der Körpertemperatur der Fluggäste oder die Nutzbarmachung der Körperwärme als Energiequelle, keine Utopie bleibt außer Acht. Mal sehen, welche Vorstellungen versanden und welche sich durchsetzen werden.
Luftgespinste - Die große Unbekannte
Alles heiter Sonnenschein? Wagen wir einen kritischen Blick. Die Ökobilanz könnte jedenfalls einen ordentlichen Dämpfer erleiden, falls sich die Verdoppelung der Fluggastpassagiere auf nahezu acht Milliarden in den nächsten zwei Dekaden bewahrheiten sollte. Sollten in Zukunft mehr Flugzeuge den Himmel durchkreuzen, läge in der Umweltbilanz schnell wieder alles beim Alten. Außerdem handelt es sich um die dritte Planvorgabe der NASA. Das bedeutet, dass sich die ambitionierte Senkung der Umweltbelastung keinesfalls an aktuelle Werte misst, sondern als Referenzwert von einem konventionellen Modell der Generation „N“ aus dem Jahre 1998 ausgeht [3]. Für neuen Biosprit müssten zudem Wälder gerodet werden.
Da eine Senkung der Ticketpreise zu vermuten ist, dürfte nicht jede Idee zur Serienreife gelangen. Geschäftsreisende sind, trotz des geringeren prozentuellen Anteils, äußerst lukrativ für die Airlines. Immerhin werden hauptsächlich aus dieser Reisegruppe die Business und First Class Segmente gebucht, wenn auch vermehrt durch Upgrades. Da durch Fernmeetings die Anzahl dieser Reisenden abnimmt, dürften Flugbetreiber den Rotstift bei den Anschaffungskosten ansetzen und manches Spektakel der Designfabriken unbeachtet lassen. Der normale Tourist spart lieber bei den Reiskosten und gibt sein Geld eher am Urlaubsort aus.
Zudem könnten einige fensterlose Großraumlimousinen in der Luft den Blick auf den Himmel einkassieren. Schade, denn die Sicht aus dem Fenster, wenn der Flieger zu seiner geplanten Reiseflughöhe ansetzt, um die Wolken unter sich zu lassen, ist unbezahlbar.
Möglicherweise gewinnen aber gerade kleinere Maschinen an Beliebtheit, gewissermaßen Luftraum-Taxis. Die NASA jedenfalls denkt vor. In einer Ausschreibung prämierte sie die besten Ideen für ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, wenn in zwanzig Jahren mehrere Millionen Luftfahrzeuge aller Art täglich den Himmel kreuzen [4]. Laut Einschätzung der NASA könnten dann statt derzeit 50.000 Luftfahrzeuge sage und schreibe 50 Millionen Luftfahrzeuge aller Art täglich den amerikanischen Luftraum überfliegen. Ein gigantischer Sprung und eine logistische Meisterleistung stehen bevor. Ob das Fliegen dann noch unverändert zu den sichersten Verkehrsmitteln zählen wird?

Europa hat im European Flightpath 2050 ehrgeizige Ziele gesteckt, darunter die Erreichung des Wunschzieles innerhalb von vier Stunden in 90 % der Reisen und bezüglich der Sicherheitsstatistik eine Quote von maximal einem Unfall bei zehn Millionen Flügen.
Wir blicken gespannt auf den Luftraum von morgen.